Ein Geschenk ist angekommen. In Samsun springt eine Freundin aus einem überdimensionalen Geschenkpaket und wir machen eine Woche zusammen Urlaub, genießen die gemeinsame Zeit, leckeres Essen und viele schöne Begegnungen. Die Frage warum es an der Schwarzmeerküste so grün ist, können wir uns nach einer Woche Regen selbst beantworten. In Uzungöl haben wir die Möglichkeit über das Hinterland und die Wolken der Schwarzmeerküste zu schweben und bekommen einen ersten Vorgeschmack auf Asien, als wir in den Teefeldern bei Rize stehen. Begleitet wird unsere Reise entlang der Schwarzmeerküste von traumhaften Sonnenuntergängen, die die sattgrüne Landschaft tiefrot färben. Als es weiter nach Georgien geht werden wir nach fast 8 Wochen türkischen Tee, mit 2l hausgemachten Wein in Batumi empfangen. Und so merken wir sehr schnell, dass hier oft und gerne zum Glas gegriffen wird.
Von Kappadokien schlagen wir unsere Route nördlich ein, wir wollen ans schwarze Meer. Die 600km reißen wir an einem Tag ab, denn wir wollen heute noch ankommen, da Pia unsere Freundin von Deutschland aus ebenfalls ankommen wird. Ich empfinde es als ein großes Geschenk, dass sie uns spontan besuchen kommt. Und so fallen wir uns am winzigen Flughafen von Samsun um den Hals, als da recht passend ein großes eingepacktes Geschenk als Kunstinstallation steht, aus dem sie mir entgegenrennt. Bisher war unsere Reise quer durch die Türkei von den unzähligen Begegnungen und der großen Gastfreundschaft der TürkInnen geprägt. Da wir die nächsten Tage weder trampen noch Couchsurfen werden habe ich Sorge, dass ich Pia nicht diese wunderschöne Türkei zeigen kann, die wir bisher erlebt haben. Aber bereits im Bus erleben wir die erste schöne Begegnung und Pia wird genauso freundlich im Land begrüßt, wie wir es gewohnt sind. Und so soll es weitergehen. Wir werden auf den ein oder anderen türkischen Tee eingeladen, bekommen am Markt Obst, Rosinen, Tomaten und köstlichen Kuchen zum Probieren geschenkt, werden einfach freundlich begrüßt und haben schöne Gespräche, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
In Atakum dem Stadtstrand von Samsun lassen wir uns Meeresluft um die Nase wehen und stürzen uns in die Fluten, bevor es am nächsten Tag ins malerische Bergdorf Amasya geht. Hier nächtigen wir im Herrenhauszimmer des denkmalgeschützten, ältesten Gästehauses im Stadtkern und genießen beim ausgiebigen Frühstück den dazugehörigen Hinterhof. Es gibt klassisches türkisches Frühstück mit Pommes, die hier einfach dazugehören. Da wir die letzten Wochen ziemlich häufig Pommes zum Frühstück hatten, freuen wir uns zwar auch immer noch sehr darüber, aber Pia ist erst recht aus dem Häuschen. Wir besichtigen die Moschee in Amasya, auch etwas, dass ich ihr unbedingt zeigen möchte. Weil die Moscheen mit den vielen floralen Mosaiken einfach schön sind und weil die Atmosphäre eine ganz andere ist, als in unseren gewohnten Kirchen. Deswegen freue ich mich einmal mehr über die schöne und alte Moschee im Ort.
Da Pia sich eigentlich einen Badeurlaub gewünscht hatte, in dem Bergort allerdings das Meer fehlt, was bekanntlich einen erheblichen Teil zu einem Badeurlaub beiträgt, organisiert unser Herbergsvater eine Schwimmgelegenheit für uns. Der Pool ist nicht ganz günstig, da er zu einem schicken Hotel gehört, aber wirklich ein Erlebnis. Das freibadgroße Schwimmbecken liegt über der Stadt und bietet dadurch einen tollen Ausblick auf das Tal von Amasya, den hindurchfließenden Fluss Yesilirmak und das bergige Umland. Das die Landschaft prägende Grün besteht vor allem aus Apfelbäumen, denn Amasya ist die Stadt der Äpfel. Eigentlich hat jede Stadt in der Türkei eine Spezialität. Mersin war zum Beispiel für ihre Cilek (Erdbeeren) bekannt und entlang der Schwarzmeerküste Richtung Osten werden wir noch durch die Haselnussregion und Teefelder kommen. Als unser Herbergsvater hört, dass Pia noch keine Baklava in der Türkei probiert hat, besorgt er noch welches aus Gaziantep, die Stadt des Baklavas.
Und dann trampen wir doch noch. Wir beschließen den Weg vom Pool zurück runter in die Stadt zu laufen, „ein bisschen Bewegung hat schließlich noch niemanden geschadet“. Dann merken wir aber, dass wir schon ziemlich K.O. sind. So probieren wir auch unser Glück, als ein kleiner Transporter vorbeifährt und die TürkInnen enttäuschen uns wieder mal nicht. Als die Seitentür auf geht finden wir noch weitere Poolgäste vor, die der Fahrer bereits ein paar Kurven vor uns eingesammelt hat. So sitzt Pia auf meinem Schoß, türkische Musik scheppert aus den Boxen, die Gruppe quatscht über ihre Reiseerlebnisse, eine echte Tramper Erfahrung also. Ich freue mich, dass wir nun auch diese Erfahrung zusammen machen.
An unserem letzten Abend gehen wir dann noch gemeinsam schön Essen. Wir gehen ja häufig etwas unterwegs essen, probieren die bekanntesten Gerichte und Straßenstände. Aber heute zum besonderen Anlass des Wiedersehens und Urlaubs darf es auch mal etwas „schöner“ sein. Das ist hier teilweise aber gar nicht so einfach. Pia isst vegetarisch und das Konzept „Vegetarismus“ existiert in der Türkei schlicht nicht. Hackfleisch ist hier eher ein Gewürz statt einer bewussten Fleischkomponente. Das Wort „Vegeterian“ ist einfach nicht geläufig. So fragt zum Beispiel auch unser Herbergsvater auf Englisch: „Since when are you a vegetable?“, also seit wann Pia denn ein Gemüse sei? Eines unserer liebsten türkischen Gerichte ist zum Glück meistens vegetarisch und so können wir auch Pia von frischen Gözleme überzeugen. Danach gehen wir zum in der Türkei preisgekrönten Manti-Restaurant des Ortes – ein richtiger Schlemmertag. „Manti“ sind sehr kleine Ravioli, also Teigtaschen mit Füllung. Klassisch mit Hackfleisch sind sie aber auch mit Spinat oder Walnüssen ein Traum. Dazu kommt Tomatensauce und ein Schlag Yoghurt. Im Restaurant haben wir uns bereits vor ein paar Tagen erkundigt, ob es auch vegetarische Gerichte gibt. Wir werden somit schon erwartet, die Servicekräfte haben bereits „ausgeknobelt“ wer am besten Englisch spricht und uns bedient. Ausländische TouristenInnen sind im ganzen Ort und auch hier im Restaurant eher selten. Als Chris dann noch fragt, ob er mit der Kamera in die Küche „lünkern“ darf, steht für sie fest, dass wir ein Filmteam aus Deutschland sein müssen. Die Mama des Hauses macht sich noch einmal schick und so wird direkt noch ein Interview mit der Restaurantfamilie organisiert. Vielleicht können wir auch diese Aufnahme dem WDR schicken, dann ist es zumindest nicht ganz gelogen, denn irgendwie kommen wir nicht mehr aus der Situation heraus.
Am nächsten Morgen reisen wir mit dem Dolmuş zurück ans Meer nach Samsun, wo wir noch einmal zum Sonnenuntergang ins Wasser springen. Ein toller Urlaub, in dem wir Pia unsere tollen Türkei Erfahrungen zeigen und neue gemeinsame Eindrücke sammeln konnten. Viele der bei uns lebenden Deutsch-TürkInnen oder die Eltern oder die Großeltern kommen aus der Schwarzmeerregion und so treffen wir immer wieder Deutsch-TürkInnen, die interessiert sind, wie wir auf diese Region gekommen sind, da sie bei (ausländischen) TouristInnen eher unbekannt ist. Für uns ist es mindestens genauso interessant ihre Familiengeschichten zu hören und so verlieren wir uns meistens in vielen Gesprächen am Straßenrand, in Geschäften und Cafés. In Samsun treffen wir doch tatsächlich auf einen Türken, der seine Kindheit am Tackenberg in Oberhausen verbrachte, 10 Min. Laufweg von unserem zu Hause also. So klein ist die Welt.
Der Abschied fällt schwer, als Pia ihre Tasche in den Flughafenbus wuchtet, obwohl wir Abschiede ja eigentlich mittlerweile gewohnt sein sollten. Wenn man täglich viele neue Menschen kennenlernt und mit ihnen mal nur ein paar Minuten, manchmal aber auch Tage verbringt, wenn man in Familien aufgenommen wird oder wie in unserer Wintersaison sogar über Monate in ein Team und in ein Dorf hineinwächst, dann wird man schon immer mehr an Abschiede herangeführt. Es wird von Mal zu Mal einfacher, die gemeinsam erlebte Zeit zwar wertzuschätzen, ihr dennoch nicht nachzutrauern, sondern sie in Erinnerung zu halten und sich aufgeschlossen auf die nächste Begegnung zu freuen. Leute liebzugewinnen und sie wieder ziehen zu lassen, das lernen wir gerade. Die meisten von ihnen werden wir in unserem Leben nie wieder sehen. In unserem heimatlichen Alltag musste man sich nicht wirklich von Leuten verabschieden und es war immer ein „Auf Wiedersehen“. Den Satz „Leben Sie wohl“. kannten wir eigentlich nur noch aus veralteten Filmklassikern. Tatsächlich haben wir ihn nun in unserem Sprachgebrauch wieder kultiviert.
Mich jetzt aber in diesem Moment von meiner Freundin Pia zu verabschieden, fällt mir sehr schwer. Obwohl wir hier ja wissen, dass es nur ein „Auf Wiedersehen“ ist, es also eigentlich gar nicht so schwierig sein sollte. Zu Hause haben wir uns nahezu jede Woche gesehen und der Abschied fiel uns dort schon sehr schwer. Umso schöner war es dann, dass wir auf Sardinen gemeinsam in unser Abenteuer gestartet sind und jetzt sogar nochmal gemeinsam Reisen konnten. Es war unglaublich schön, sich hier nach einem dreiviertel Jahr zu sehen und trotzdem traurig, sich nun noch einmal verabschieden zu müssen. Spätestens nach Georgien lässt sich nicht einfach mehr spontan ein Flug für eine Woche buchen, sodass mal jemand zu Besuch vorbei kommen kann. Der Himmel weint und ich tue es ihm gleich.
Fast haben wir vergessen wie blöd sich Regen anfühlt, aber die nächste Woche wird uns das wieder in Erinnerung gerufen. Wir haben uns aufs Zelten am Strand gefreut, jetzt aber freuen wir uns doch sehr, als wir spontan einen Couchsurfing Platz in Ordu finden. Es regnet in Strömen. Yunus nimmt uns in Ordu, der Haselnuss-Stadt auf in der wir beim hineinfahren mit dem Auto direkt leckere türkische geröstete Haselnüsse geschenkt bekommen. Seine Frau und Tochter sind noch wegen der Feiertage in Mersin bei der Familie und so freut er sich über ein bisschen Gesellschaft. In einer kurzen Regenpause machen wir einen Ausflug und schauen uns die Wolken und grüne Landschaft von oben an. Wir bleiben einen Tag länger um das abschwellen der überfluteten Straßen abzuwarten und überlegen noch einen weiteren Tag zu verlängern, da es immer noch regnet und wir zwar einen nächsten Couchsurfingplatz, aber diesen „nur“ im Zelt haben. Ugur hat uns angeboten neben seinem Büro in Uzungöl zu zelten. Klingt nicht so verlockend, aber immer noch besser als wildcampen bei Regen, denken wir.
Wie gut, dass wir zugesagt haben. Tatsächlich stellt sich die zunächst langweilig klingende Zeltmöglichkeit, als ein Zeltplatz mitten im Geschehen und das „Büro“ als eine Paragliding Schule heraus. Dementsprechend viele aktive und outdoorliebende Menschen sind hier im Camp unterwegs. Wir campieren auf der Landebahn, das hatten wir auch noch nicht. Am Morgen liegen wir noch in unseren Schlafsäcken, draußen ist es bereits hell. Da wird es plötzlich kurz dunkel im Zelt. Dann wieder hell, wieder dunkel und wieder hell. Die ersten Tandemflüge am Morgen verschatten mit ihren riesigen Schirmen unser Zelt. Wir öffnen den Reisverschluss und schauen raus, wie sie direkt vor uns landen. Die Stimmung ist hier ausgelassen, fast schon Festival Atmosphäre. Eigentlich hatten wir Uzungöl nur als Tagesausflug geplant, um die Moschee am Bergsee zu sehen. Schließlich waren wir den Winter in den österreichischen Alpen und da können wir die „türkischen Alpen“ ruhig auslassen, dachten wir. Tatsächlich bleiben wir am Ende fünf Tage und selbst dann können wir uns nur schwer von dieser Community lösen. Das kleine Outdoor-Café, das zum Camp gehört ist das Wohnzimmer der ParagliderInnen. Wir verweilen hier viel und werden auch als NichtfliegerInnen herzlich aufgenommen. So sind wir am ersten Abend auch direkt zur ungewöhnlichen „Scheidungsparty“ eingeladen. Eine Pilotin hat sich von ihrem Partner getrennt und das wird mir einer großen Party im Café gefeiert. Es gibt Unmengen türkische Antipasti und es wird viel getanzt. Zu einem solchen Anlass wurden wir bisher noch nicht eingeladen, auch wenn er an sich nachvollziehbar und die Party toll ist.
Die grüne Landschaft drum herum erinnert eher an Österreich als die Türkei. Und so ist der Ort vor allem bei arabischen TouristInnen bekannt und gleichermaßen beliebt. Allerdings sind die arabischen TouristInnen hier trotz des Geldes, das sie mitbringen nicht sonderlich beliebt. Auch weil die Frauen schwarz verschleiert sind und dies die Europäischen TouristInnen abschrecke, sagt man uns. Auch wir finden den Anblick der vielen komplett schwarz verhüllten Gestalten in der Bergwelt etwas befremdlich. Obwohl wir gute Erfahrungen mit den arabischen TouristInnen machen. Bei einem Spaziergang in den Bergen, werden wir von saudischen Touristen, die am Wegesrand picknicken, zu Tee und Gebäck eingeladen.
Für die TouristInnen aus Saudi-Arabien, Kuwait und Dubai ist die Berg- und Waldlandschaft mit teilweise anfassbarem Schnee der Anziehungsmagnet. Nie zuvor haben wir gesehen, wie sehr man sich über Wolken und Regen in seinem Urlaub freuen kann. Wir haben Ugur erst nicht geglaubt, dass die Flugschule an Regentagen mehr zu tun hat, als an Sonnentagen. Aber während die Flugschule an bewölkten und regnerischen Tagen total überlaufen ist, ist es an Sonnentagen ruhig. Unser Glück, denn dann kommt es manchmal zu sogenannten „Werbeflügen“ bei denen wir als „Statisten“ einspringen dürfen. Das absolute Highlight unseres Aufenthaltes ist somit das Fliegen mit Ugur. Mit einer solchen Möglichkeit haben wir nicht gerechnet und genießen es, durch die Wolken zu gleiten.
Nur durch Zufall haben wir von den türkischen Teefeldern im Hinterland der Stadt Rize erfahren. Die Region ist touristisch noch unbekannt, wenn auch gerade die ersten Bungalows entstehen. Die Berge rund um Haremtepe sind definitiv einen Besuch wert. Bereits während der Fahrt im Dolmuş werden wir in eine andere Welt geschaukelt. Es geht steil die Berge hinauf und hinter jeder Serpentine erscheint ein neues Fotoformat. Einzelne Moscheen hängen an den grünen, stufigen Bergen, die aus der Ferne wie auf einer Postkarte scheinen. Eine solche Landschaft haben wir eigentlich erst in Fernost erwartet.
Unten am Fuße der Bergregion hatten wir zuvor wieder einmal ein Erlebnis, wie es uns häufig begegnet. Wir stehen am Straßenrand und möchten trampen oder wahlweise einen Dolmus nehmen. Einige Autos haben schon gehalten, doch fuhren leider nicht in die richtige Richtung. Zunächst spricht uns eine Dame interessiert an, wo wir hin möchten. Wir erklären uns und sie lässt nicht locker uns verständigen zu wollen, dass wir niemals mit trampen an unserem Ziel ankommen werden und dass auch kein Bus in den Ort fahre, wo wir hin wollen. Ein weiterer Herr bleibt stehen und stimmt mit ein. Sie wollen Taxis für uns anhalten und lassen sich dabei nicht stoppen. Wir bedanken uns mehrfach für die Hilfe und versuchen durchgehend abzuwinken. In die anhaltenden Taxis steigen wir nicht ein, doch sie reden weiter auf uns ein. Schließlich nehmen wir unsere Rucksäcke und laufen ein Stück weiter die Straße entlang, um aus der Szene herauszukommen. Die Frau findet uns erneut und das gleiche Spiel geht von vorne los. Sicher 50 Autos sind in dieser Zeit vorbei gefahren. Wir gehen wieder weiter, holen uns an einem Minimarkt eine Cola, um die Dame abzuschütteln und stellen uns nach 15 Minuten erneut an die Straße.
Wir haben noch nicht ganz die Rucksäcke abgestellt, da nimmt uns ein Auto mit in den nächsten Ort und von dort ein kleiner alter Dolmus mit in das entlegene Bergdorf, wo wir hin wollen. Diese beschriebene Situation erleben wir sehr häufig. Die Menschen meinen es gut mit uns, keine Frage. Doch sie durchqueren unsere Pläne, halten uns gar auf, weil sie auf ihre eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Häufig und uns geht es in unserer eigenen Heimat sicher auch nicht anders, kennt man sich in seinem eigenen Umfeld und außerhalb der eigenen Wege wenig aus. „Hier nimmt dich eh keiner mit“ und „Da fährt sicher kein Bus hin“, könnte uns auch über die Lippen kommen, wenn uns jemand nach dem Weg in eine ländliche Region außerhalb des Ruhrpotts fragt. Eines nehmen wir hieraus aber für uns mit: Es kann sich lohnen seiner eigenen Idee zu folgen und einfach mal etwas ausprobieren. Wenn es nicht funktioniert, müssen wir umplanen und in diesem Fall zum Beispiel ein Taxi nehmen. Was aber wenn das gewagte klappt? Klar muss man häufig mehr dafür tun, unbequemes durchstehen oder über seinen eigenen Schatten springen. Bisher wurden wir aber immer belohnt und die Strapazen waren schnell vergessen.
Als wir nun oben ankommen, taucht die Sonne die Gegend bereits in einen roten Schleier. Wir haben einen Zeltplatz auf einer Hügelspitze gefunden, mitten in einem Teefeld. Trotzdem ist es noch hell genug, die vielen Grüntöne wahrzunehmen und sogar das Meer am Horizont zu sehen. Davor stechen zwei Minaretten in den roséfarbenen Himmel. Wahnsinn! Als dann noch ein paar Glühwürmchen über die Felder schweben, während wir unter einer tiefblau blühenden Hortensie sitzen, müssen wir uns die Augen reiben, ob das nicht gerade zu kitschig ist um wahr zu sein. Am nächsten Morgen haben wir die Teefelder für uns alleine und wir besuchen den perfekt gepflegten Teegarten von Cay Evi Ceceva (Eintritt 20 Lira/etwa 1€ inkl. 1 Tee).
Dann machen wir mit unserem letzten türkischen Tramper-Auto doch noch eine erste schlechte Erfahrung. Auf dem Weg haben wir schon erklärt, als er an seiner eigentlichen Ausfahrt vorbei gefahren ist, dass er uns einfach dort raus lassen soll, wo es für ihn passt. Doch wie nahezu alle Menschen zuvor in der Türkei gestikulierte er, dass er uns gerne hilft. Als wir an der georgischen Grenze ankommen, verlangt er dann Geld von uns und nicht gerade wenig. Wir haben jedoch die letzten Lira gerade fürs Mittagessen ausgegeben, weil wir ja wussten, dass wir heute nach Georgien kommen. So müssen wir jetzt erstmal am Automaten Geld organisieren. Wir sind genervt. Mehr aber darüber, dass es die letzte Fahrt in einem so herzlichen Land war, die schlecht lief. Die Türkei und ihre Menschen werden uns im Gesamten aber unendlich positiv in Erinnerung bleiben, bei den unzählig schönen Begegnungen, die wir hier erleben durften.
Die Grenzstation erinnert eher an einen Flughafen. Ausgefallene skurrile Architektur, Laufbänder und Kontrollhallen. Trotzdem oder gerade deswegen läuft alles schnell und unkompliziert. Haben wir gedacht, dass wir in der Türkei kaum etwas lesen und verstehen können, schauen wir nicht schlecht auf die kunstvollen georgischen Schriftzeichen. Hier können wir wirklich nichts mehr lesen. Als erste Stadt möchten wir Batumi erreichen, nur wenige Kilometer hinter der Grenze. Wir sind noch keine Stunde in Georgien, haben noch keine georgischen Lari abgeholt, da haben wir schon die erste 2 Liter Flasche hausgemachten Wein geschenkt bekommen. Wir lernen also schnell, dass der Umgang mit Alkohol hier ein anderer ist. Freuen wir uns erst über diese Abwechslung, nach 2 Monaten mit Tee in der Türkei, wird sie uns bald zu viel werden.
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