Wir haben es auf dem Landweg bis nach China geschafft! Wir schnuppern kurz chinesische Luft in Urümqui, bevor es schnell in die Mongolei weitergeht. Wir freuen uns auf (für uns) außergewöhnliches Essen, eine fremde Kultur und neue Eindrücke. Wir haben aber auch ein bisschen Respekt vor diesem riesigen und fernen Land. Die Region nahe Kasachstan macht es uns jedoch leicht anzukommen, erkennen wir doch vieles der zentralasiatischen Nachbarländer wieder.
Es fühlt sich unwirklich an unter der Pagode im Park zu stehen. Wir haben es tatsächlich auf dem Landweg bis nach China geschafft. China ist für uns ein Meilenstein auf unserer Reise, umso verrückter ist es nun hier zu sein. Wir sind bei unserer ersten Einreise nur fünf Tage im Land, da wir noch vor dem Wintereinbruch in der Mongolei sein wollen. Aber vielleicht ist es auch eine gute Eingewöhnung in das Reich der Mitte, in dem doch einiges anders läuft. Die Städte, die wir in diesen Tagen passieren, sind verhältnismäßig klein. Die größte Stadt, die wir durchqueren ist Ürümqi, die Hauptstadt der Region Xingjiang.
Die Stadt ist mit ihren ca. 2,5 Millionen Einwohnern für uns zwar eine Mega-, für chinesische Verhältnisse aber eher eine Kleinstadt. Außerdem ist die Region noch von den zentralasiatischen Nachbarn geprägt. Wir kennen die Mentalität der Menschen, Verhaltensweisen und teilweise auch noch Redewendungen, wie beispielsweise „Rahmat“ (Danke) und „Salam Aleikum“ (Guten Tag). Wir können uns also minimal verständigen.
Wir entdecken tolle kulinarische Kombinationen aus Zentral- und Ostasien. So finden wir unsere beliebten Somsa und allerlei Gegrilltes wieder, das hier zusammen mit gebratenen Nudeln auf den Tisch kommt. Auch die Gewürzmischungen sind vorwiegend von Kreuzkümmel, Anis und Nelken geprägt, kommen hier aber immer mehr in Kontakt mit frischem Ingwer, Chili und Koriander. Knoblauch ist die einzige Konstante, die uns seit zu Hause über alle Länder hinweg begleitet. So gibt es hier sehr würziges Essen mit kräftigen Geschmäckern. Auch der berühmte Sichuanpfeffer betäubt uns hier zum ersten mal. Er hat einen sehr eigenen Geschmack und betäubt die Lippen und Zunge. Chris beschreibt das Gefühl, als würde man an einer 9V Blockbatterie lecken. Hier gehen unsere Kindheitserinnerungen wohl etwas auseinander.
Von Ürümqi als Stadt sind wir überrascht. Es gibt zahlreiche lebendige Straßenmärkte mit vielen spannenden Streetfoodständen, einen Park mit einer Pagode und einen riesigen internationalen Souvenir- und Foodmarkt. Angeblich soll es der größte sein. Ob weltweit, in China oder in der Region, das konnte man uns jedoch nicht sagen. Unser ganz persönliches Highlight ist dann aber als wir uns am Abend mit Gracia und Jia Yee alias "the Proper paupers" treffen.
Wir haben die beiden vor ca. 2 Monaten in Tiflis an der chinesischen Botschaft kennengelernt, wo wir gemeinsam unsere China Visa beantragt haben. Und jetzt treffen wir uns hier in China wieder. Unglaublich und sehr passend. China ist so riesig und auch der Weg dazwischen war nicht gerade kurz, doch wir sind einfach zufällig am gleichen Tag in der gleichen Stadt. Wir sind jeweils nur 2 Tage hier, doch dieser Tag heute überschneidet sich. Wie gut, dass wir auch noch zufällig miteinander geschrieben haben, denn zuvor haben wir einige Wochen nichts voneinander gehört. Die beiden fahren von Europa mit ihrem Tandem „nach Hause“. Nur die halbe Welt liegt bis Singapur dazwischen. Sie haben die südliche Route in den Osten, über den Iran und Pakistan gewählt. Wir hatten uns ja für die nördliche Route über Russland entschieden. Es gibt also viel zu erzählen. Da unsere Erfahrungen in Russland nicht die besten waren, sind wir auf ihre Erlebnisse auf der südlichen Route gespannt.
In ihren Instagram Beiträgen haben wir schon gelesen, dass sie im Iran leider nicht nur positive Erfahrungen gemacht haben. Sie erzählen, dass sie als AsiatInnen häufig Rassismus erfahren haben und ganz anders behandelt wurden, als ihre europäischen FreundInnen. Bisher haben alle Reisenden mit denen wir gesprochen haben, immer vom Iran und Pakistan geschwärmt. Spannend und erschreckend zu hören, dass die bekannte Gastfreundschaft wohl nicht für unbedingt alle gleichermaßen gilt und mehrheitlich westlichen TouristInnen widerfährt. Das trifft natürlich nicht auf alle zu. Die beiden berichten ebenfalls von herzlichen Begegnungen und natürlich dem gutem Essen. In China freuen sie sich gerade noch einmal mehr über das Essen, das näher an ihren heimatlichen Geschmack heran kommt. Denn sie sind schon zwei Jahre unterwegs. Ein Jahr im Van durch die USA und ein Jahr mit dem Tandem. Die chinesische Küche ist ihrer heimischen Küche in Singapur schon wieder deutlich näher aber dennoch „ganz anders!“. Gracia erzählt, wie sehr sie sich über die Nudeln freut, denn die seien mit nichts zu vergleichen. Und sie sei froh endlich, dass viele Brot los zu sein.
Ich mache mir derweilen Sorgen, bald auf frisches Brot verzichten zu müssen und nur noch Nudeln und Suppe vorzufinden. Die Heimat prägt einen halt doch. In den zentral asiatischen Ländern gab es immer gutes frisches Brot aus dem Tandori Ofen, das wir hier auch finden. Aber wer weiß, vielleicht gibt es bald nur noch gedämpftes „Reisbrot“ von dem Garcia und Yee schon schwärmen. Die beiden sprechen ein bisschen chinesisch und sind schon ein paar Tage im Land, wodurch sie uns noch ein paar Hinweise und Empfehlungen mit auf die Weiterreise geben können. Und vielleicht kommen wir ja irgendwann noch einmal dazu zusammen Nudeln in Singapur zu essen.
Nachdem wir schon keine ausländischen TouristInnen in Ürümqui gesehen haben, sind wir uns sehr sicher in Qinghe unserem nächsten Ziel die einzigen Touris zu sein. Von Ürümqui fahren wir 12 Stunden in den Norden. Und das es nach Norden geht, spüren wir schon im Bus. Die Landschaft wird erst immer kahler und schließlich weiß. Eine Schneeschicht hat sich über die Hügel gelegt. Das Hotel buchen wir vorsichtshalber erst bei der Ankunft, bei den Witterungsverhältnissen sind wir uns nicht sicher, ob wir wirklich ankommen.
Als wir das Hotel betreten versetzen wir alle in Aufruhe. Weiße ausländische TouristInnen überfordern die Mitarbeitende. Die Reaktion im Restaurant am Abend fällt ähnlich aus. Alle sind ganz aufgeregt, niemand spricht natürlich Englisch, aber alle sind sehr freundlich und sehr neugierig. Meistens werden (erst) die Kinder vorgeschickt zum Fotos machen. Und so haben wir schnell zwei kleine Mädchen um uns herumspringen. Wenig später folgen die Mütter der beiden. Wir wollen auch noch ein Foto mit dem Küchenteam. Leider ist Chris Handyakku leer und so muss meins herhalten. Das Team sieht nicht die schlechte Kameraqualität, sondern freut sich.
Sprachlich rettet uns häufig die Offline Übersetzungsapp und so schlagen bzw. kommunizieren wir uns irgendwie durch. Im Prinzip sind wir aber taub, denn wir können nichts verstehen. Wir sind stumm, denn niemand versteht uns und wir sind Analphabeten, denn wir können weder lesen noch schreiben. Nachdem wir eine Sim-Karte und alle gängigen chinesischen Apps installiert haben funktioniert es zumindest mit der Orientierung schon viel besser. Unsere regulären Apps funktionieren hier nur bedingt oder gar nicht. Außerdem sind wir sehr dankbar zu zweit unterwegs zu sein. So können wir die Apps in chinesischer Sprache auf dem einen Handy öffnen und das zweite Handy nutzen, um den angezeigten Text zu übersetzen. Wir fragen uns wirklich, wie das Solo-Reisende machen. Für unsere nächste China Einreise fühlen wir uns nun schon deutlich besser gewappnet und können uns dann ganz auf China einlassen und freuen.
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