Wir erleben unvergessliche Abenteuer bei den langen Autofahrten mit ständigen Pannen, hoch zu Ross, bei den Rentiernomaden weit im Norden, im Hauptstadtleben in Ulaanbaatar und zum krönenden Schluss mit der transsibirischen Eisenbahn. Nur der Geruch der Steppe bleibt beständig nach Holzkohle, Milchtee und Ziege, kurzum dem „Yurtengeruch“, der uns wohl für immer an diese unvergesslichen Abenteuer erinnern wird.
Nach einer weiteren schier endlosen Autofahrt, einer Nacht irgendwo im nirgendwo und mehr Glück als Verstand sind wir endlich in Mörön, der nördlichsten Landeshauptstadt der Mongolei. Aber die letzten Tage waren geprägt vom Bangen, bis wohin wir kommen und wo wir schlafen. Wir haben zwar unser Zelt dabei, aber die Temperaturen fallen nachts deutlich unter null, sodass der „Gemütlichkeitsfaktor“ im Zelt auch gegen null geht. Schließlich wird es nochmal ein Kuhfell in einer Raststätte von wo aus wir am nächsten Morgen starten. Wir stehen ziemlich verloren am mongolischen Straßenrand, also eigentlich mitten in der Landschaft. Selbst auf der ausgebauten Autobahn 500m entfernt von uns ist kein Auto zu sehen und wir wollen die „Straße“ Richtung Norden nehmen. Aber wir haben mehr Glück als Verstand. Die Wirtin, der Gaststätte vermittelt uns eine Familie, die nach Mörön fährt und gerade einen Pannenstopp bei Ihr einlegt. Schon mit Panne losfahren klingt zwar nicht so verlockend, ist aber unsere einzige Möglichkeit.
Wir sind mit drei unterschiedlichen Autos und drei unterschiedlichen Pannen unterwegs:
Wir überlegen noch welches Auto wohl das sicherste sind, da haben wir schon einen Platz zugeteilt bekommen. Wir fahren im Auto mit den kaputten Bremsen und denken zumindest können wir das Auto hier gut auslaufen lassen. Soweit kommt es zum Glück nicht und wir heil in Mörön an.
Abenteuer Englischunterricht
Tugsuu heißt uns trotz später Stunde herzlich willkommen. Wir haben sie über Couchsurfing kennengelernt. Sie betreibt hier ein kleines Gästehaus und nimmt auch „Surfer“ auf. Da wir heute nur gefrühstückt haben, kochen wir noch Wasser auf und machen Instantnudeln, die haben wir mittlerweile immer dabei. Wir dürfen in einem der kleinen Holzhäuser übernachten in denen sich jeweils ein kleiner Ofen befindet, auf dem man auch kochen kann. Wir sind so glücklich endlich hier zu sein. Mit so einer Abenteuerfahrt haben wir nicht gerechnet. Wir lassen die letzten Tage und das ständige Zittern, um ein Auto und Schlafplatz Revue passieren und schlafen erschöpft, aber glücklich ein.
Am nächsten Morgen treffen wir uns mit Tugsuu zum Frühstück. Hier wird uns ein fertiger Stundenplan vorgelegt, der ab Morgen (Montag) beginnt. Wir sind für den Englischunterricht, den Tugsuu im Cafè des Gästehauses gibt, eingeteilt und werden mit dem Online Auftritt des Gästehauses betraut. Wir haben Tugsuu über Couchsurfing kennengelernt und sind nun doch etwas irritiert, als sich unser Aufenthalt eher als Workaway offenbart. Aber mal schauen, da wir ein paar Tagen bleiben wollen, passt es vielleicht auch ganz gut. Wir unterrichten einen Tag in der Englischschule, als sich eine einmalige Möglichkeit für uns auftut...
...Wir reiten zu den letzten Rentiernomaden der Mongolei. Unser Weg führt uns hoch in den Norden der Mongolei, zur Grenze Russlands. Hierfür brauchen wir sogar eine extra Genehmigung. Wir wollen zu den Tsaatanen, den letzten Rentiernomaden. Von Mörön geht es zunächst mit dem russischen Bulli, ja wohin...?
Nach 3 Stunden Fahrt, erstmal wieder zurück nach Mörön, denn waren wir am Anfang noch sehr angetan von den schönen russischen retro Bullis, sind wir mittlerweile auf den „Boden der Tatsachen“ angekommen. Wir hatten bis jetzt bei jeder Fahrt mindestens eine Panne. So auch diesmal. Somit stehen wir mittags wieder bei Tugsuu auf der Matte. Da die Kupplung kaputt ist, muss ein neuer Bulli her, wenn wir heute noch losfahren wollen. Noch schnell das Benzin umgefüllt, dann können wir los.
Und kommen tief in der Nacht irgendwo zwischen dem Bergdorf Ulaan-Uul und der russischen Grenze bei einer Nomaden Familie mit Pferden und Yaks an. Wir schlafen in der Gästeyurte und starten am nächsten Tag selbst zu Pferd. Wir, das ist unsere sechsköpfige Karawane mit Jean aus Frankreich, Frederico aus Kulumbien und uns beiden reitenden Kartoffeln aus Deutschland. Außerdem sind da noch Anuur die englischsprechende Guide und Kontaktperson zu den Nomaden und der Pferdehirte, dessen Namen ich leider vergessen habe. 6 Stunden reiten wir durch die weite Steppe, durch Bäche, Sumpfgebiete, bunte Wälder und an Klippen entlang, bis wir endlich die ersten Tipis und etwas Rauch aus einem Wald aufsteigen sehen. Der Weg war wunderschön und schon ein Erlebnis für sich.
Für uns ohne Reiterfahrung jedoch auch ein wenig zu viel Erlebnis. So gehen bei uns allen (Gästen) die Pferde mindestens einmal durch. Und 3/4 unserer Reisegruppe werden vom Pferd geworfen. Chris rutscht noch 4 Meter den Abhang herunter und kommt zum Glück vor einer Klippe zum liegen Klingt gefährlich?! Das war es auch. Ist nochmal gut gegangen und wir können mit blauen Flecken drüber lachen.
Aber all das ist vergessen, als das erste Babyrentier neugierig angetapst kommt und uns mit seiner flauschigen Fellnase anstupst. Die Rentiere leben mitten im Camp und sind zutraulich - gar neugierig. Da kann es schon mal sein, dass man beim Zähneputzen auf einmal von der Seite beobachtet und angeschleckt wird. Zwischendurch schauen auch einfach mal ein paar braune Kulleraugen ins Tipi und laufen dann gemütlich weiter. Abends machen wir es uns gemütlich und im Schichtdienst schaffen wir es, das Feuer in der Nacht am Leben zu halten. Wobei die Wohlfühltemperaturen sehr unterschiedlich sind. Für Frederico aus Kolumbien kann es eigentlich nicht warm genug sein, während wir uns schon aus den Schlafsäcken schälen, legt er noch ein Holzscheit nach. Da wir die Temperaturen in der Nacht nicht konstant halten können, ist für jeden Mal etwas dabei. Neben den Rentieren, die natürlich, der absolute Hit sind, ist die Landschaft auch einfach wunderschön hier.
Dies wird uns in der Nacht nochmal richtig bewusst. Die Sterne leuchten hier heller denn je. So stehen wir vor unserem Tippi schauen in den Himmel und werden von einer weichen Fellnase angestupst. Wir könnten an keinem schöneren Ort sein.
Am Morgen kuscheln wir noch ein letztes Mal mit den Rentieren und lassen uns die Hände abschlecken. Um sie anzulocken braucht man nur ein wenig Salz in die Hand zu nehmen. Sie lieben Salz und schlecken es mit ihrer weichen Zunge von der Hand. Dann treten wir die Heimreise an. Unsere Rentiertour war auch so schön, weil unsere Gruppe unglaublich harmonisch war. So haben wir nach den 5 Tagen nicht nur ein neues Lieblingstier, sondern auch neue Freundschaften und zwei neue Reisestopps bei Maps eingetragen.
Zurück in Mörön gehen wir jetzt unseren Workaway Aufgaben nach und freuen uns einen Ort zum Verweilen bei Tugsuu und ihrer Familie zu finden. Jetzt sind wir froh über die Möglichkeit uns hier einbringen zu können. So schön unser Reise- und Nomadenleben auch ist, manchmal ist es auch schön und fast notwendig länger an einem Ort zu sein. Länger heißt für uns übrigens schon ab einer Woche. Außerdem ist es eine tolle Möglichkeit Land und Leute intensiver kennenzulernen. Ich konnte mir nie vorstellen Englisch zu unterrichten, weiß ich doch, wie es um mein Englisch steht. Mit ein bisschen Vorbereitung geht es dann aber doch gut und es macht richtig Spaß mal wieder in die Rolle der Lehrerin zu schlüpfen. Ansonsten schreiben wir hier viele E-Mails, sortieren und waschen unsere Sachen, planen unsere Chinaroute und telefonieren ganz viel mit FreundInnen und Familie.
Außerdem haben wir hier eine Deutsch-Mongolische Familie kennengelernt und einen super schönen Abend mit Brokoliauflauf, Bier und Wein verbracht. Die beiden haben in Mörön ein Bauunternehmen aufgebaut und arbeiten häufig für deutsche oder österreichische Firmen. Ihre Mitarbeitenden bekommen die Daten zugesandt und erstellen dann Zeichnungen und Modelle von Kirchen und barocken Rathäusern. Eine Architektur die, die meisten hier noch nie gesehen haben. Das ist schon verrückt, finde ich. Ich meine stellt Euch mal vor ein Bauunternehmen in Deutschland würde mongolische Yurten vermessen und zeichnen. Wir bekommen noch einen Einblick in die Büroräume des Unternehmens und freuen uns über den Austausch. Fast genauso freuen wir uns ehrlicherweise über den Brokkoliauflauf.
Zwar kocht Tugsuu wirklich gut, aber alles schmeckt in der Mongolei nach Schaf oder Ziege. Uns, die an den strengen Tiergeschmack nicht gewöhnt sind, reichte er bereits nach einer Woche. Nach über drei Wochen, die wir nun im Land sind, hoffen wir wirklich auf etwas westliches Essen und vor allem Obst und Gemüse in Ulaanbaatar. Tugsuu versöhnt uns dann doch noch ein wenig mit der mongolischen Küche, als sie uns gleich zwei fantastische Abschiedsessen zaubert. Am Mittag gibt es Fisch aus einem Gebirgssee und am Abend ein traditionelles mongolisches Pfannengericht. Hierbei wird der rohe Nudelteig über das geschmorte Gemüse und Fleisch gelegt und so gegart. Als wir im Bus sitzen, fühlen wir uns erholt, gestärkt und freuen uns auf das Hauptstadtleben in Ulaanbaatar.
Hauptstadtleben in Ulaanbaatar
Von der Hauptstadt der Mongolei haben wir mehr erwartet. Ulaanbaatar war für uns immer ein so großer Name. Tatsächlich fühlt sich die nach sowjetischer Planung erbaute Stadt eher überfüllt und grau an. Trotzdem haben wir eine richtig tolle Zeit, denn manchmal ist nicht der Ort, sondern die Menschen um einen herum entscheidend, stellen wir wieder einmal fest. Tuya unsere Gastgeberin hat unseren Aufenthalt einzigartig gemacht. Wir dürfen mit ihr ein wenig ins „ganz normale“ Leben eintauchen und werden dabei fantastisch umsorgt.
Ihre Mutter ist extra zu Ihr in die Wohnung gekommen, um uns zu bekochen. Das hört sich verrückt an, finden wir auch und haben es deswegen zuerst gar nicht richtig verstanden. Es ist für uns manchmal gar nicht so einfach mit der immensen Gastfreundschaft die uns zum Teil entgegengebracht wird, umzugehen. Meistens ergibt sich aber eine Gelegenheit, um unseren GastgeberInnen unsere deutsche/europäische Kultur zu zeigen, indem wir etwas kochen/backen oder typisches einkaufen und so etwas zurückzugeben. Wir gehen spontan mit Tuya und Ihren KollegInnen Eislaufen. Bei gemeinsamen Aktivitäten ist das Eis immer schnell gebrochen, in dem Fall zum Glück nur sprichwörtlich. So ist der Umgang mit Tuyas KollegInnen direkt freundschaftlich. Hier lernen wir auch Moogi kennen, der uns spontan auf einen Ausflug zur Dschingis Khan Statue am nächsten Tag einlädt.
Mit der transsibirischen Eisenbahn nach China
Nun steht noch ein letztes Highlight in der Mongolei für uns an. Wir fahren ein Stück mit der transsibirischen Eisenbahn an die chinesische Grenze. Obwohl wir so viele Abenteuer, wie in bisher kaum einem Land erlebt haben, freuen wir uns wie selten auf ein neues Land mit neuen Gerüchen und abwechslungsreicher Küche.
Trotz Großstadt haben wir immer noch den „Yurtengeruch“ nach Ziege, Milchtee und Holzkohle in der Nase, den wir ehrlichgesagt allmählich nicht mehr riechen können. Der für uns aber ganz eng mit den fantastischen Abenteuern, die wir in diesem spannenden Land erleben durften, verknüpft ist. Ein richtiger „Marmeladenglas-Geruch“. Es wäre schön den Geruch in einem Marmeladenglas einzufangen und wenn wir zu unseren Abenteuern in die Mongolei zurückreisen möchten, könnten wir einfach daran riechen. Während Tuya und ihre KollegInnen uns schon vor der jetzt kommenden asiatischen Essenskultur warnen: kaum Fleisch, zu viele Gewürze, zu viel exotisches Obst und Gemüse und süßer Milchtee, sind es genau die Dinge auf die wir uns freuen. Das sagen wir natürlich nicht, sondern lächeln in uns hinein.
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